New Work: Unsere digitale Zukunft hat bereits begonnen

Zoom, Teams, Distance-Learning, Kollaboration-Tools, Home-Office – vor einem Jahr hätten wir mit den meisten dieser Begriffe relativ wenig anfangen können. Aber die Corona-Krise hat nicht nur unseren Alltag, sondern auch unsere Arbeitswelten radikal verändert. Wer über digitale Kompetenz verfügt, war in den letzten Monaten klar im Vorteil und wird es auch in Zukunft sein. Das gilt für Branchen, Firmen und Mitarbeitende gleichermaßen.

In Windeseile musste ab Mitte März gelernt werden, wie man an einem virtuellen Meeting teilnimmt, Online-Präsentationen abhält, über Zoom konferiert und eine digitale Messe aufsetzt beziehungsweise besucht. Auch die Online-Angebote von Banken und Versicherungen waren gefragt wie nie. Und wer Robo-Advisor und FinTechs bis dahin als Spielplatz verwöhnter Millennials abgetan hatte, musste sich eingestehen, dass digitale Dienstleistungen enorme Vorteile haben. Dabei geht es nicht nur um günstigere Kosten, größtmögliche Transparenz und einen einfachen Zugang zu jeder Tages- und Nachtzeit. Was zählt, ist echte Wertorientierung und Kommunikation auf Augenhöhe.

Die Trendforscher schließen daraus: Die Ära der Selbstsucht und des Wettbewerbs ist vorbei und wird von einer Ära der Kooperation abgelöst.

Im Zeitalter dieser „neuen Nachdenklichkeit“, wo uns das schnelle Vergnügen am Konsum ohnehin meist verwehrt bleibt und wir stattdessen einer stärkeren Sinnorientierung folgen, müssen sich auch die Unternehmen und ihre Mitarbeitenden anpassen. Denn dieses „New Normal“ wird bleiben. Die Wirtschaft muss neue Unternehmenskonzepte und -strukturen sowie Arbeitssysteme kreieren. Dabei wird Sinnorientierung ein großes Thema sein.

Aber wie sehen die Arbeitswelten der Zukunft aus?

Viele von uns haben die Auszeit während der Krise genutzt, um sich der eigenen Wünsche und Bedürfnisse bewusst zu werden. Es gibt ein breites Verlangen nach Neuem. Klassische Hierarchien in Unternehmen und finanzielle Anreize zur Motivation erscheinen uns nicht mehr zeitgemäß. Soziale Kontakte und persönlicher Austausch am Arbeitsplatz werden dafür geschätzt wie nie zuvor. Die wichtigste Erkenntnis ist aber: Wir definieren Arbeitszeit neu, da wir den Wert von Effektivität und Produktivität durch Selbstbestimmung erfahren haben. Damit werden in den neuen Arbeitswelten nicht nur digitale Kompetenzen gefragt sein, sondern auch konstruktives Teamwork und eigenständiges Arbeiten. 

Nützen wir also die Krise als Chance zur Requalifizierung

In der Krise haben viele von uns Interesse an neuen Qualifikationen und Kompetenzen entwickelt. Das hilft uns in Zukunft sehr, denn: Aus dem, was wir gerne und aus Interesse tun, entstehen neue Fähigkeiten, die für das neue Arbeiten wichtig und nützlich sind – wie Adaptionsfähigkeit, agiles Arbeiten, aber auch emotionale und soziale Fähigkeiten.

Was bedeutet das für das Management der Zukunft?

Führungskräfte, die bislang gewohnt waren, mit Zahlen, Daten und Fakten zu führen, müssen nun im Nebel steuern. Das bedeutet Umdenken. Es bedeutet aber auch, Freiheitsgrade für Mitarbeitende zu erhöhen. Der Manager als „Risikovermeider“ wird damit wohl zum Auslaufmodel. Die zukünftige Aufgabe des Managements wird es sein, Nähe trotz Distanz sowie gute Mitarbeitererfahrungen zu schaffen, um die besten Arbeitskräfte zu bekommen, zu halten und zu inspirieren. Als Leader der Zukunft benötigen sie damit vor allem Fähigkeiten wie Neugierde, Vorstellungskraft und Kreativität. Denn sie müssen Netzwerke und kollektive Intelligenz fördern, Spielräume schaffen, Motive spüren lassen und Sinn und Nachhaltigkeit vorleben.

Welchen Branchen gehört die Zukunft?

Die Corona-Krise hat nicht nur unsere Arbeitswelten radikal verändert, sondern wird auch die Wirtschaft als Ganzes nachhaltig prägen. Zukunftsforscher gehen von drei Megatrends aus, die sich in den kommenden Jahren als Innovationstreiber und Change-Motoren für unsere Gesellschaft und Wirtschaft etablieren werden. Neben den neuen Arbeitswelten – also New Work – sind das die Silver Society und der Klimaschutz. Waren die letzten Jahre von einer Anti-Aging-Haltung geprägt, wird uns der Trend in Richtung Pro Aging führen. Was den Klimaschutz betrifft, so hat die Corona-Krise unseren Planeten durch den Zwangsstopp zum Durchatmen gebracht. In Zukunft werden wir ihn wohl mit anderen Augen sehen und achtsamer sein – haben wir doch verstanden, dass auch wir „nur“ Natur sind. 

Diese bewusstere Wertehaltung eröffnet uns auch die Chance auf eine „Blaue Revolution“ -also einer ökologischen Wende, die nicht primär auf Verzicht und Reduktion setzt, sondern auf eine kreative, öffnende Verbindung von Technologie und Systemintelligenz. Die Corona-Krise ist so etwas wie die Vorwegnahme einer solchen nachhaltigeren Lebensform. Der renommierte deutsche Zukunftsforscher Matthias Horx erklärt das so: Gerade weil wir uns beschränken müssen, entdecken wir die Vorzüge des minimalistischen Hedonismus und entschleunigten Konsums. Und weil viele Optionen wegfallen, freunden wir uns mit der Technologie an, reisen virtuell statt mit dem Flugzeug, bestellen Lebensmittel online, statt mit dem Auto quer durch die Stadt zu fahren.

Es ist aus heutiger Sicht schwer vorstellbar, dass wir nach Corona tatsächlich wieder zu unseren alten Konsummustern zurückkehren. Oder hat gerade jemand Lust, in einem vollgestopften Billig-Flieger zu sitzen? Damit verschieben sich aber auch die Machtverhältnisse. In der Blauen Revolution geht es nicht nur um Technik, Intelligenz und Systeme, sondern auch um Macht. Um die Ermächtigung unserer Gesellschaft und damit von jeder und jedem Einzelnen, eine bessere Zukunft zu bestimmen.

Und Branchen, die von diesen Trends profitieren, schaffen auch die Arbeitsplätze der Zukunft.