Nunu Kaller zeigt uns: Regionalität schneidet nicht nur in der Krise besser ab

Nunu Kaller bezeichnet sich selbst als „Gerechtigkeitsmensch“. Betrachtet man die unterschiedlichen Stationen ihrer Karriere, lässt sich dieser klare persönliche Fokus rasch erkennen. Als Publizistin, Umwelt-Aktivistin und Bloggerin hat sie nachhaltige Spuren hinterlassen. Ihr neuestes Projekt wird auch unser Leben verändern.

2012 verordnete sich die damals 32-Jährige eine „Shopping-Diät“ und kaufte ein Jahr lang keine neuen Kleider, Schuhe, Taschen und Accessoires. Ihre Erfahrungen hielt Nunu Kaller in einem Internetblog fest. Dadurch erlangte ihr Tun breite öffentliche Aufmerksamkeit. Aufbauend auf diesem Blog veröffentlichte sie 2013 das Buch „Ich kauf nix! Wie ich durch Shopping-Diät glücklich wurde.“ In diesem witzigen Plädoyer für Shopping-Enthaltsamkeit ließ sie uns an ihrer Entwicklung vom „Shopaholic“ zur kritischen Konsumentin teilhaben und inspirierte uns dazu, es ihr gleichzutun.

Seither begibt sich die selbstbewusste Wienerin immer wieder auf die Suche nach Alternativen zum sozialen und ökologischen Wahnsinn, der für sie mit dem Thema Konsum verbunden ist.

Bereits lange vor Corona beschäftigte sich Nunu Kaller mit Achtsamkeit in Hinblick auf Konsum und setzte sich mit der Frage auseinander, welchen Einfluss wir in unserer Rolle als Konsumentinnen und Konsumenten haben. Alles Themen, die vor der Corona-Krise für einen Großteil der Österreicherinnen und Österreicher wenig bis keine Relevanz hatten. Erst mit Beginn der Krise veränderte sich die soziale Wahrnehmung. Die Menschen wurden sensibler. Solidarität und vor allem Nachhaltigkeit gewannen massiv an Stellenwert und rückten in den Fokus der allgemeinen Aufmerksamkeit. 

Genau in diese Kerbe schlägt Nunu Kallers neuestes Projekt, mit dem sie österreichweit aufhorchen ließ: Während des Shutdowns funktionierte sie kurzerhand ihre persönliche Website zu einer Plattform für österreichische Online-Shops um und rief dazu auf, heimische Unternehmerinnen und Unternehmer zu unterstützen. Das Echo war gewaltig! 

Dabei handelte es sich um eine spontane Eingebung, die Nunu Kaller hatte, während sie eine Corona-Pressekonferenz im Fernsehen verfolgte. Denn obwohl der Lockdown für sie persönlich keine finanziellen Konsequenzen hatte, musste sie weinen, als ihr klar wurde, dass in ihrem Freundeskreis, der aus vielen Freiberuflern und Selbstständigen besteht, Existenzen auf dem Spiel standen.

Eine sehr enge Freundin ist Kostümbildnerin und verkaufte ihre Upcycling-Mode vor der Krise auf Märkten. Das war von einem Tag auf den anderen nicht mehr möglich. Sie und ihre drei Kinder standen von heute auf morgen ohne Einkommen da. 

Nunu Kaller wollte helfen und wusste, dass ihre Stärke im Erzeugen von Reichweite und im Schaffen von Netzwerken liegt. Die Lösung lag also auf der Hand: Wer jetzt noch online verkaufen kann, muss unterstützt werden. Außerdem störte es sie schon lange, dass durch Internetmultis wie Amazon, Alibaba und Zalando nicht nur viel Umsatz, sondern auch viel Steuergeld ins Ausland fließt. Geld – so ihre Überzeugung, das wir jetzt für unser Gesundheitssystem und für staatliche Hilfen brauchen. 

Zwischen der spontanen Idee und dem ersten Posting auf Facebook vergingen grob geschätzt drei Minuten. Vier Tage später hatte sie 3000 Einträge auf der Website, eine fertig programmierte Datenbank, ein Team an freiwilligen Helferinnen und Helfern und sehr wenig geschlafen.

Inzwischen sind es mehr als 6500 Einträge. Und die Händler sind Nunu Kaller dankbar, denn ihr Online-Umsatz verzeichnete einen merkbaren Anstieg. Auch die Käufer haben ihr Verhalten geändert: Bevor auf Amazon bestellt wird, wird zuerst nachgeschaut, ob das Produkt auch regional verfügbar ist.  

In den ersten Wochen konnten Nunu Kaller und ihre Helfer die Menge der Anmeldungen kaum managen. Zu Spitzenzeiten waren zehn Personen – eine bunte Mischung aus Freunden, Bekannten und Schulkollegen – mit der Bearbeitung beschäftigt.

Plattform bleibt auch nach Corona bestehen

Wenig überraschend hat sich die Kurve mit der Öffnung der Geschäfte wieder abgeflacht. Dennoch wird intensiv an einer Weiterentwicklung der Seite gearbeitet und die Online-Plattform soll auch nach Corona bestehen bleiben. Gespräche mit einem Start-up laufen bereits.

Politisch träumt Nunu Kaller davon, dass die Begriffe Solidarität und Empathie wieder stärker Einzug im politischen Diskurs halten. Dass wir wieder sachlich und faktenbasiert entscheiden und uns nicht gleich persönlich attackieren. Persönlich wünscht sie sich, dass ihre Lieben gesund und gut durch die Krise kommen, und dass aus den nun kommenden wirtschaftlichen Herausforderungen viel Positives entsteht.

Link: https://nunukaller.com