Birgit Reitbauer krempelt in der Corona-Krise die Ärmel hoch

Normalerweise schmeißt sie im bekanntesten Gourmettempel Österreichs den Laden: Birgit Reitbauer ist seit mehr als 20 Jahren Restaurantleiterin im Steirereck, ein Role Model für alle Frauen und eine der besten Gastronominnen der Welt. Seit Ausbruch der Corona-Krise steht sie nun auch selbst am Herd und kocht Hausmannskost für Einsatzkräfte, Obdachlose und Flüchtlinge.

Gerade in dieser schweren Zeit gibt sie uns damit Inspiration und Mut. Denn sie gehört zu jenen Menschen, deren positive Lebenseinstellung gerade dann ans Licht tritt, wenn rundum alles einzustürzen droht. Für uns steht sie damit auch stellvertretend für die zigtausenden Corona-HeldInnen, die in dieser für alle schwierigen Zeit in den Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Apotheken und Supermarktkassen unter höchstem Ansteckungsrisiko arbeiten.

Bisher kannten wir die dreifache Mutter vor allem als brillante Gastgeberin und international ausgezeichnete Gastronomin. Gemeinsam mit ihrem Mann betreibt die 45-jährige Niederösterreicherin das hochdekorierte Restaurant Steirereck (2 Sterne, 5 Hauben) im Wiener Stadtpark. Nun beweist sie, dass sie selbst in der schlimmsten Krise nicht nur „Steherqualitäten“, sondern auch ein großes Herz hat. Diesmal nicht im Designer-Dress sondern in Jeans und T-Shirt.

So wie viele andere Unternehmerinnen und Unternehmer müssen auch die Reitbauers ihre Betriebe wegen der Corona-Krise geschlossen halten. Aber die Mitarbeitenden einfach zu kündigen, um die hohen Fixkosten zu reduzieren, war für das Paar keine Option. Vielmehr stellten sie sich die Frage, wie sie in dieser für alle herausfordernden Situation helfen können. Anstatt die Belegschaft zu kündigen wurden die 140 Mitarbeitenden zur Kurzarbeit angemeldet. Schließlich wird das hochqualifizierte Personal nach Ende des Shutdowns wieder dringend gebraucht.

Darüber hinaus wollten Birgit Reitbauer und ihr Mann auch jene Menschen unterstützen, die ihre Gesundheit tagtäglich in Gefahr bringen, um die Versorgung der Bevölkerung und deren Sicherheit zu gewährleisten. Was lag da näher als das zu tun, was sie am besten können: Kochen und andere verwöhnen. Also wurde das Steirereck quasi über Nacht zu einer Charity-Küche umfunktioniert. Gekocht werden bodenständige Wohlfühlgerichte.

Bereits an Tag 1 des Corona-Shutdowns wurde den Krisenhelfern der Feuerwehr, Polizei sowie weiteren systemerhaltenden Einsatzkräften zum ersten Mal ein Lunchpaket aus der Gourmetküche serviert. Mittlerweile werden auch Obdachlose und Flüchtlinge versorgt. Anfangs waren es 500 Portionen am Tag, später wurde auf 1000 erhöht. Starallüren kennt Reitbauer dabei nicht. Sie schnorrt nicht nur Supermarktketten sondern auch langjährige Geschäftspartner um Lebensmittelspenden an und leistet damit einen unbezahlbaren gesellschaftspolitischen Beitrag.

Was uns sonst noch an Birgit Reitbauer gefällt? Sie erfüllt ihren Job mit Charme und Hingabe, ist eine selbstbewusste Frau und Mutter, die das Lachen auch in schwierigen Phasen nicht verlernt. So wie jetzt: Wenn die Tische im Restaurant leer bleiben, aber die Fixkosten trotzdem bezahlt werden wollen. Oder als sie nach einem Vor-Schlaganfall nicht daran dachte, mit dem Leben zu hadern, sondern einfach mehr auf ihren Körper gehört und achtsamer für ihre eigenen Bedürfnisse wurde.