Frau mit Vorbildwirkung: Johanna Dohnal

Ohne sie gäbe es in Österreich keine Frauenpolitik. Johanna Dohnal (1939 – 2010) wurde 1990 erste Frauenministerin Österreichs und damit zur offiziellen Stimme für Frauenrechte und Gleichberechtigung. Seither ist viel passiert. Aber nicht genug. Wir können also noch viel von ihr lernen.

Aktuell läuft ein bemerkenswerter Film über ihr Leben in den Kinos: Denn „Die Dohnal“ war nicht nur eine lesbisch-feministische Superheldin sondern Vorbild und Visionärin – für viele Generationen von Frauen.

Es ist sicherlich ihre Authentizität, ihre schonungslose Ehrlichkeit und ihr unbändiger Wille, das Leben der Frauen zu verbessern, die uns bis heute bewegen und beeindrucken. Aber es ist auch ihre Lebensgeschichte, die uns Mut macht. Unehelich geboren, wuchs sie während des zweiten Weltkriegs in ärmlichen Verhältnissen bei ihrer Großmutter auf. Ihre Kindheit war geprägt vom täglichen Überlebenskampf, dem Chaos des Krieges, der nationalsozialistischen Herrschaft und der rasch erlahmten Aufbruchsstimmung nach 1945. 

Heute muten die damaligen Bedingungen für ein Frauenleben mittelalterlich an. Aber lange Zeit waren sie brutale Realität. Denn rechtlich gesehen war die verheiratete Frau ein Nichts. Vergewaltigung in der Ehe? Das Delikt kannte man nicht. Der Mann war Familienoberhaupt, und wenn „Frau“ berufstätig sein wollte, brauchte sie seine schriftliche Einwilligung – auch für Reisepass oder Schulanmeldung der Kinder oder die Eröffnung eines Bankkontos. Unverheiratete Mütter und uneheliche Kinder hatten noch weniger Rechte.

Anfangs ordnete sich die junge Johanna den gesellschaftlichen Konventionen brav unter. Nach der Ausbildung zur Industriekauffrau, heiratete sie früh, lebte im Gemeindebau und war mit 20 das erste Mal schwanger. Sie wohnte mit ihrem Mann und zwei Kindern auf 48 m². Weil das Geld knapp war, begann sie wenige Wochen nach der ersten Geburt wieder zu arbeiten. Nach der zweiten Geburt wurde ihr gekündigt. Mangels Kinderbetreuungs­möglichkeit hielt sie sich mit Heimarbeit über Wasser. Aufgeben war keine Option für sie. Aber der politische Kampf gegen diese Ungerechtigkeit schon. Also sprach sie offen an und aus, was sie störte.

1969 wurde sie Bezirksrätin und 1971 Vorsitzende der SPÖ-Frauen im 14.Bezirk. 1972 wechselte sie in die Parteizentrale der SPÖ, wo sie bis 1979 als Landesfrauensekretärin der SPÖ Wien arbeitete. Von 1973 bis 1979 war sie Abgeordnete im Wiener Gemeinderat. Ihr konsequenter Einsatz für die Gleichberechtigung der Frauen brachte sie schließlich unter Bruno Kreisky in die Bundesregierung. 1979 wurde sie Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen und 1990 zur ersten Frauenministerin Österreichs. In all diesen Funktionen hat sie weitreichende Erfolge für die Rechte der Frauen erzielt: von der strafrechtlichen Verfolgung der Vergewaltigung in der Ehe und der Gründung des ersten Frauenhauses bis hin zur Anrechnung von Kinderzeiten in der Pensionsreform.

Johanna Dohnal verstarb 2010 im Alter von 71 Jahren, kurz nachdem sie sich mit ihrer langjährigen Lebensgefährtin verpartnert hatte. Bis dahin hatte sie viel erlebt, viel gesehen und dennoch nicht resigniert.

Aber was können wir heute von Johanna Dohnal lernen?

Sie hätte niemals tatenlos zugesehen, wie immer mehr Frauen in die Teilzeitfalle tappen, um Beruf und Familie unter einen Hut zu kriegen – die drohende Altersarmut vor Augen. Dohnal hätte auch nicht über den Gender Pay Gap geklagt, sondern die Ursachen der Kluft zwischen Männer- und Frauenlöhnen zum Thema gemacht. Sie hat ihr Leben selbst in die Hand genommen, denn Aufgeben war und ist keine Option.